Ich bin 1955 geboren. Zwar bin ich – wie einige von euch wissen – chronisch krank, aber ich kann mich ganz normal bewegen. Mein Vater aber hatte eine üble Wirbelsäulenverkrümmung und hat darunter oft gelitten.
Er kannte auch aus seinen Kindheitstagen Hohn, Spott und Verachtung. Seine seelischen Verletzungen waren schwer, so schwer, dass er kaum darüber sprach. Seine Schwester, die ich wirklich gern hatte, hat mir über so manche schlimme Erfahrung ihres Bruders berichtet. Ich hab meinen Papa sehr geliebt und es machte mir nichts aus, dass wir oft auf ihn Rücksicht nehmen mussten – es war für mich eine Selbstverständlichkeit!
Auf die Oma mütterlicherseits haben wir ja auch Rücksicht genommen. Sie lebte mit uns sehr eng verbunden und so habe ich gleichsam mit der Muttermilch mitbekommen, dass ein wenig Hilfe sehr wichtig sein kann. Hilfe, die dezent angeboten wird, wird meistens auch gern in Anspruch genommen. Nur aufdrängen darf man sie nicht, damit in der hilfsbedürftigen Person nicht das Gefühl aufkommt, dass man sie bevormunden will. Menschen mit körperlichen Mängeln sind da oft sehr feinfühlig, weil sie alle schon schlechte Erfahrungen machten! Respekt vor der Person und Achtung ihrer Würde sind sehr, sehr wichtig. Geschult durch die Familie in meiner Kindheit und durch meine eigenen Erkrankungen habe ich eine besondere Zuneigung zu allen Kranken und Schwachen und Hilfsbedürftigen entwickelt. Das ist es auch, was mir an der Fraternität gefällt. Nicht entmündigen, sondern aufbauen ist die Devise! Da ich „so ganz nebenbei“ auch ein tief gläubiger Christ bin, verstehe ich nur zu gut die Worte „steh auf und geh“, die Jesus dem Gelähmten sagt. Ich möchte euch allen zurufen: „Steht auf und geht! Vertraut auf die Macht des Heiligen Geistes! Steht auf und tut etwas Sinnvolles, für euch, für eure Mitmenschen, für alle, die euch begegnen!“ Glaubt mir – das weiß ich aus eigener Erfahrung – sein Schicksal zu bejammern bringt nichts! Das macht nur traurig, depressiv und niedergeschlagen! Steht auf und macht jemandem eine Freude, z. B. mit einem Anruf, mit ein paar Zeilen auf einer Karte, mit Händchen halten (wenn Corona überwunden ist), mit einem freundlichen Lächeln, …! Es gibt sicher für jeden eine Möglichkeit, die zu ihm passt und ihn nicht überfordert.